Olsenbande Bad Doberan 2024 - Küsten-Gold
Eine Fahrt mit dem „Molli“ ist eines der Highlights für Urlauber in der Ostsee-Stadt Bad Doberan. Die täglichen Fahrten bestreiten die „neueren“ Züge; in regelmäßigen Abständen können BesucherInnen mit den historischen Wagen fahren. Und zwei Mal im Jahr erwartet die Gäste in und um diesen 100-jährigen Zug ein ganz besonderes Theaterstück: Die Olsenbande!
Die Olsenbande ist ein fiktives Gaunertrio aus einer dänischen Komödienreihe. Bandenchef und Namensgeber Egon Olsen bringt mit seinen Plänen für den „großen Coup“, der Reichtum verspricht, seine Kollegen Benny Frandsen und Kjeld Jensen sowie Kjelds Familie immer wieder ungewollt in Schwierigkeiten.
Im Stück der Doberaner Theatergruppe schlüpfen Molli-Mitarbeiter, lokale Künstler und begeisterte LaienschauspielerInnen in die Rollen der dänischen Kult-Verbrecher. Anders aber als in einem normalen Theater sind die Bahnsteige entlang der Molli-Strecke die Bühnen der Gruppe.
Das Theaterstück in diesem Jahr: „Küsten-Gold“. Und wie der Name schon sagt, geht es um einen Coup direkt an der Küste, nämlich in Bad Doberan selbst.
Betritt man die erste Station des mobilen Theaterstücks, den Bahnhof Kühlungsborn-West, erwartet einen dort nicht nur bereits der historische Zug der Molli GmbH, sondern auch Sitzbänke auf dem mittleren Bahnsteig. Dort nehmen die Zuschauerinnen und Zuschauer - ein kunterbunt gemischtes Publikum, überwiegend Urlauber, aber auch ein paar Einheimische – Platz, um den ersten Teil des Theaterstücks auf dem Hauptbahnsteig erleben zu können.
Zu Beginn – wegen eines Vorfalls auf der Molli-Strecke, wo die regulären Züge noch immer unterwegs sind, etwas verspätet – ertönt die ikonische Titelmusik der Olsenbande-Filmreihe; kurz darauf schreitet der wohlbekannte Inspektor Mortensen den Bahnsteig entlang. Stolz erzählt er von dem Geld, das mit dem Zug nach Doberan transportiert werden soll, um dort ein Gebäude aufzukaufen, das zur neuen internationalen Polizeistation werden soll – inklusive einer Beförderung für ihn selbst. Damit das Geld, gelagert in einem Tresor der Marke „Franz Jäger“, sicher dort ankommt, engagiert er das „Dumme Schwein“ als Sicherheitspersonal.
Egon Olsen, der das alles mitgehört hat, wird indes von seiner Familie im an den Film angelehnten Oldtimer abgeholt; die Dänische Fahne schwenkend heißen ihn Benny, Kjeld und dessen Sohn Børge in der neu gewonnenen Freiheit nach seinem Gefängnisaufenthalt willkommen. Gleich auf der Rückfahrt und beim anschließenden Kaffeekränzchen mit Kjelds Frau Yvonne und Bennys Bruder Dynamit-Harry erzählt er ihnen von seinem neusten Plan, mit einer List das Geld mit einem früheren Zug nach Doberan bringen zu lassen und so dem Inspektor vor der Nase zu stehlen. Kjelds typische Nachfrage, ob dies nicht gefährlich sei, wird abgewunken – schließlich habe man einen Hobby-Zauberer unter sich, Egons großes Talent zum Knacken von Tresoren und eine ganze Familie, die Teil des Plans werden könnte. Und natürlich Bier.
Wie dieser gesamte Coup letztendlich ausgeht kann man sich anhand der Erfolgsquote der Olsenbande schon denken – dennoch gibt es im gesamten Stück viele Momente, in denen man glaubt, es sei der ultimative Plan der Bande, um endlich an den gewünschten Reichtum zu kommen.
Diese Theaterproduktion ist in vielerlei Hinsicht sehr besonders. Angefangen bei der Herausforderung, nicht nur einen Spielort innerhalb des etwa dreieinhalbstündigen Events zu haben. Die Fahrt über die gesamte Strecke des Molli ist Teil des Stücks, in einigen ruhigen Momenten lässt sich so auch die Landschaft und die Fahrt durch die Innenstadt genießen. Die Logistik von Technik und Requisiten, die an jeder Station gebraucht werden, ist beeindruckend, selbst wenn man bedenkt, dass der Zug, der die Zuschauenden zum nächsten Spielort fährt, langsamer ist als ein Auto. Zudem nutzen das Stück und seine Schauspieler Zug und Bahnhof, auch die Fahrt und sogar die Gäste als Mittel, um eine ganz besondere Art von immersivem Theater zu schaffen. Nicht nur, dass es spätestens im Zug keine „vierte Wand“ mehr gibt, wie sonst im Theater üblich. Denn im Zug streift die Bande umher, unterhält sich mit Gästen und geht immer wieder ihren Coup durch; jedenfalls bis sie herausfinden, dass auch Inspektor Mortensen entgegen ihres Plans ebenfalls im früheren Zug mitfährt. Schnell entsinnt niemand anderes als Egon einen neuen Plan, bei dem sie sich die Vernarrtheit von Mortensen in Yvonne zunutze machen wollen. Yvonne und Harry derweil schlendern durch die Waggons, versorgen die Fahrgäste mit Getränken, Tratsch und guter Laune. Hier merkt man schnell: Es gibt unter den Zuschauenden Wiederkommer und sogar richtige Fans, die sich auch ein gemeinsames Foto auf der Fahrt nicht nehmen lassen, was für die Schauspielenden einen spannenden Spagat zwischen Rolle und Interaktion bedeutet. Auch die Auftritte von Børge werden ganz besonders genutzt. Denn in seiner Doppelrolle als Nachwuchs-Gauner und als (fiktiver) Mitarbeiter der Bahn kann er nicht nur dem Verbrecher-Trio zuspielen, sondern auch die Fahrgäste durch das Theaterstück und die Geschehnisse drumherum leiten. So ist es kein Wunder, dass er es ist, der am zweiten, überraschenden Halt an der Galopprennbahn die Fahrgäste darum bittet auszusteigen, um genau im Blick zu haben, wie der neue Plan der Olsenbande ausgeführt wird – zunächst sogar erfolgreich. Als sie so in Besitz des Geldes gelangen, brausen sie mit ihrem Oldtimer davon, während Inspektor Mortensen auf die Weiterfahrt des Zugs drängt, als er den Diebstahl bemerkt.
Zum Ende kommt das Theaterstück dann im Bahnhof Doberan. Dort treffen erstmals alle Charaktere zeitgleich aufeinander, zusammen mit echten Mitarbeitern der örtlichen Polizei, welche die Olsenbande samt Anhang dingfest machen. Die bisherige Geschichte der Olsenbande – sowohl in den Filmen als in den bisherigen Doberaner Theaterstücken – zeigt aber, dass das Trio sich davon nicht entmutigen lassen wird. Egon wird sicherlich immer wieder Pläne für einen „großen Coup“ schmieden – und ob erfolgsversprechend oder nicht, mit Sicherheit werden sie „Mächtig gewaltig“!
2024 wird die „Olsenbande“ noch ein weiteres Mal aufgeführt – abermals ausverkauft. Ob und wann das Theater 2025 wieder auftritt, steht noch nicht fest. Zu hoffen wäre es aber, denn es ist ein besonderes Theatererlebnis, das ich jedem uneingeschränkt empfehlen kann!