"In between - dazwischen - nicht mehr im Alten, noch nicht im Neuen"
Im August 2017 besuchte ich das Varietespektakel. Und das gleich zweimal, einmal im Senftöpfchen Theater in Köln und einmal im Pantheon-Theater Bonn. Das Varietespektakel wurde und wird von dem Artisten Stephan Masur initiiert. Es gastiert seit seinem ersten eonmonatigem Gastspiel im Sommer 2005 fast jährlich im Senftöpfchen, seit 2009 auch im Pantheon Bonn. Am Anfang traten fast ausschließlich Kölner Künstler dort auf; heute ist die Show fast ausschließlich international besetzt.
In diesem Jahr stand die Show unter dem Motto "Cirque de tuque - in between". Und genau so fühlte man sich dort. Irgendwie zwischen den Welten, entführt in eine kuriose Atmosphäre voller Kunst und Magie.
Da war Stephan Masur, der Initiator des Varietespektakels. Er war nicht nur für die Komik zuständig, indem er etwa einen Zuschauer zu seinen persönlichen Assistenten auserkor.
Auch beeindruckte er mit gekonnten Jonlagenummern, bei denen mir besonders seine abwechslungsreiche Mimik ins Auge stach, sowie mit einem Seifenblasen-Zauber, der einen zum Träumen einlud.
Francoise Bouvier aus Kanada zeigte einen unvergleichlichen Drahtseilakt auf Pumps, in denen sich manch einer schon beim Stehen die Knöchel brechen würde. Mit seinem Tumbling verlieh er dieser Turnsportart mehr Ausdruck als mancher Tanz ihn hat.
Olivier Smith Wellnitz aus Australien nahm die Zuschauer an seinem Trapez mit in eine irgendwie düstere, nachdenkliche Stimmung, die gleichzeitig aber auf eine schöne Weise Herzklopfen verursachte. Zudem ist er ein wahrer Künstler mit HulaHoop-Reifen.
Kalle Pikkuharjiu aus Finnland wirkte wie der zerbrechliche Kern der Artistengruppe. Für seine Kunst, die Kontorsion, also Verbiegung, und seine Art der Präsentation ist es schwer, Worte zu finden. Es scheint biologisch und physikalisch unmöglich. Aber ich habe es mit eigenen Augen gesehen - und kam aus dem Staunen nicht heraus.
Besonders gespannt war ich natürlich auf den Zauberpart der Show, der mit Magier Mike Chao aus Taiwan seinen Platz fand. Er begeisterte das Publikum mit wunderschönen, musikalisch toll untermauerten Verwandlungseffekten und Kartenmanipulation und einigen wirklich erstaunlichen Illusionen.
Danilo De Campos Pacheco aus Brasilien führte eine Nummer, fast möchte man sagen einen Tanz an von der Decke herabhängenden Tüchern vor. Dabei konnte man kaum die Luft anhalten und blinzeln war gefährlich, denn seine schnellen und gleichzeitig fließenden Bewegungen ließen den Kraftakt und die Komplexität der Wickeltechniken nur erahnen.
Kimmo Hietanen aus Finnland hatte es mir besonders angetan. Er wirkte bei seinem Auftritt, dem Einstieg in die Show, ein bisschen wie ein niedlicher, mädchenhafter Clown, der gerne ein Artist sein möchte. Als er aber das Schlappseil "betrat" stellte er damit richtig, dass er kein Träumer ist. Zumindest nicht nur, denn als er auch seine Puppe in seinen Seilakt mit einbaute, schien auch das Kindliche wieder durch.
Ebenfalls zum Träumen war Kimmos musikalische Begleitung einiger Nummern. Besonders das live gesungene Lied "Paradise" und der dabei vorgebrachte Ausdruckstanz dreier anderer Artisten war zum Weinen schön.
So wie er die Show eingeleitet hatte, beendete er sie auch, und zwar mit einem spektaluären Rope Skipping-Act.
Alles in allem war das Varietespektakel 2017 eine Show über ein (manchmal täuschendes) Kindheitsparadies, Wunschhändler, Messdiener und die Gemeinsamkeit von Seifenblasenkunst und Delfinshows, die Stimme des inneren Kindes und den nicht aufzuhaltenden Wandel.
Mir hat die aufwendige und feinsinnig ausgearbeitete Show mit den großartigen Künstlern sehr gut gefallen, und so freue mich auf die kommenden Ausgaben dieses Variete-Projekts.
Bild: Varietespektakel
„Muggel lesen Bücher, Magier lesen Gedanken“ - Bericht zu Till Frömmels „Augenblicke“
Am 02.08.2017 war ich zum zweiten Mal zu Gast im ZauberSalon Bad Oeynhausen. In der Druckerei erwartete uns diesmal Till Frömmel mit seiner magischen Show „Augenblicke“.
Till ist irgendwie niedlich, wuselig und hat ein unglaublich ansteckendes Lachen. Das waren die ersten Dinge, die an dem jungen Magier auffielen. Als er die Bühne betrat, die Zuschauer begrüßte, und begann, Karten auftauchen und verschwinden zu lassen, war wohl die Neugier auch des letzten Zuschauers geweckt. Was könnte ein so junger Zauberer wohl zu bieten haben? Zunächst einmal gibt es da sein Markenzeichen – das blaue T-Shirt mit den weißen (Zauber-) Punkten und der roten Fliege.
Doch man erfuhr am Anfang noch einige persönlichere Dinge über den von der Ostsee stammenden Künstler. Wie bei den meisten anderen Magiern hatte alles mit einem Zauberkasten angefangen. „Augenblicke“ heißt seine Show, denn Zeit ist für den jungen Zauberkünstler etwas sehr Besonderes. Wie „Zeitsprünge“ beschreibt Till die Meilensteine
von ersten kleinen Kunststücken und ersten Auftritten bis zu diesem Tag, an dem es ihn zum ersten Mal nach Bad Oeynhausen verschlagen hat. Seit seinem Abitur ist der Bad Doberaner mit seiner Show deutschlandweit unterwegs. Deutlich macht er seinen Weg durch ein besonderes Mitbringsel: Seine ersten eigenen Visitenkarten. Heute sehen sie, wie durch Zauberhand, anders aus als früher. Und magisch sind sie; wie man später erfährt besonders dann, wenn man sie in eine Uhr einschließt.
Nun wollte der Künstler aber auch das Publikum besser kennen lernen, wie magieerfahren es wohl sei, und fragte nach typischen Sparten der Magie. Mentalmagie war dabei das Stichwort. Man erfuhr, dass Till neben dem Zaubern auch das Lesen in der Kindheit geliebt hatte. Dem Jungen, den sich der Zauberer für seinen Trick auf die Bühne holte, ging es wohl nicht so. Dennoch klappte die Gedankenübertragung des Wortes, dass sich der Zuschauer auf einer Seite eines Buches ausgesucht hatte, hervorragend.
Neben „Wie geht das?“ sei eine weitere Frage, die Magier oft gestellt bekommen, „Wie lernt man eigentlich das Zaubern?“. Hogwarts kam da als Antwort, Bücher oder Internet. Oder über ein Hörbuch. Wie etwa den Trick mit den drei gleich langen Seilen. Oder eben auch einem Seil. Oder einem kurzen, einem mittellangen und einem langen. Wie auch immer: Es ist eine tolle Umsetzung des Klassikers, die echte Zauberei und viel Witz enthält.
„Hast Du ein Pokerface?“ war die gerechtfertigte Frage des Zauberkünstlers an die nächste Zuschauerin auf der Bühne. Sie sollte aus einem Säckchen eine Murmel ziehen, entweder eine von vier weißen oder die Schwarze. Und sich nicht anmerken lassen, wenn Till sie danach fragte. Oder ihm nicht durch den Blick verraten, in welcher Hand sich die Murmel befindet. Der Zuschauerin, die vorher versichert hatte, sie habe kein Pokerface, gelang das aber erstaunlich gut. Aber ich habe selten erlebt, wie ein Künstler seinen Irrtum so charmant überspielt!
Wenn ein Magier auf der Bühne nach Geld fragt, sollte man zu Recht skeptisch sein. Doch der Trick mit den drei „Freiwilligen“, den drei 20-Cent-Münzen und dem 10-Euro-Schein war verhältnismäßig harmlos. Ging es doch nur darum, zu enttarnen, wer von den drei Zuschauern lügt. Derjenige, der tatsächlich den Geldschein in der Hand hatte, durfte Teil eines weiteren gedanklichen Experiments sein, bei dem der Zauberkünstler es schaffte, die letzten Ziffern der einzigartigen(!) Seriennummer des Geldscheins aus den Gedanken des Zuschauers gelesen. Beeindruckend genau und schnell – obwohl ich zu gerne selbst die Seriennummer nachgelesen hätte. ;)
Für einen anderen Trick durften gleich mehrere Zuschauer die Stifte schwingen und ihren Lieblingsfilm auf einen Zettel schreiben. Till hatte seinen zu Anfang noch nicht verraten. Aber durch das Anagramm auf dem von einer Losfee gezogenen Zuschauerzettel und einer erstaunlich wandelbaren DVD-Hülle erfuhr man, dass es kein Jackie Chan-Film war, sondern ein moderner Western. (Im Nachhinein durfte ich feststellen, dass sich der liebenswerte Blondschopf auch sehr für Magierfilme begeistert – sehr sympatisch :D)
Zum Wiedereinstieg nach der Pause zeigte der Zauberer eine Schwammbällchen-Nummer, die an Einzigartigkeit und irgendwie auch Niedlichkeit schwer zu übertreffen ist. Wer dachte, Schwammbälle könnten einzig von einer Hand in eine andere wandern, der dürfte damit eines Besseren belehrt worden sein.
Für den ersten Trick der zweiten Hälfte hatte es Till wieder auf Geld abgesehen. Zumindest in seiner Erzählung. Als Kind habe er mal einen Erpresserbrief an seine Eltern verfasst. Aber nichts Schlimmes, seine Forderung hieß nur „Mehr Taschengeld – keine Polizei“. Der Brief aus seiner Kindheit war nicht „anonüm“ genug, um sein Ziel zu erreichen; aber was dem Magier davon in Erinnerung geblieben ist, war das Zerreißen der Zeitung. Und dabei durfte an diesem Tag das Publikum mithelfen.
Aus den so entstandenen Zeitungsschnipseln wurde ein einziger ausgewählt. Das Wort, das dort in der Mitte stand, war zwar nicht das, was der Magier zuvor vorhergesehen haben wollte. Aber das gesuchte Wort tauchte an einem überraschend ähnlichen Platz auf.
Den wohl beeindruckendsten Trick hatte Till bis jetzt aufgehoben. So las er aus den Gedanken eines jungen Zuschauers Dinge, notierte sie auf Zetteln und gab diese in einen Beutel in den Händen eines weiteren Zuschauers. Da er seine Vorhersage unmöglich hätte ändern oder anpassen können, nachdem er sie aufgeschrieben und der Zuschauer seine Wahl laut genannt hatte, war seine Trefferquote umso beeindruckender. Denn mit jeder seiner Vorhersagen lag er richtig. Eine unglaublich tolle Abwandlung eines Klassikers der Mentalmagie mit einer großartigen Handhabung, einer schön aufgebauten Atmosphäre und einem beeindruckenden Effekt!
Was nicht fehlen sollte bei einem Zauberer ist der Kartentrick. So entschied sich eine Zuschauerin für eine Karte und unterschrieb sie, um sie absolut einzigartig zu machen. Die Karte wurde aber nicht einfach im Kartenspiel wieder gefunden. Sie wurde stattdessen Teil des meiner Meinung nach schönsten Effektes der ganzen Show. Denn durch Einsatz eines magischen Hilfsmittels tauschte sie ihren Platz mit einer ganz besonderen anderen Karte vom Anfang der Show – und tauchte dann an einem allzu unmöglichen wie magischen Ort wieder auf.
Nachdem viele einzelne Zuschauer, darunter erfreulich viele Kinder, auf der Bühne waren, sollte auch das ganze Publikum mit eingebunden werden. Der heimliche Helfer des Zauberkünstlers hatte in der Pause kleine Bilder verteilt, die das Publikum nun zur Hand nehmen sollte. Da wurde dann gerissen, gemischt, getauscht und um sich geworfen. Und wer tatsächlich am Ende trotz Chaos beide zusammengehörigen Teile in Händen hielt, konnte stolz behaupten, zumindest einmal an diesem Abend wirklich selbst gezaubert zu haben. :)
Das Ende der Show bildete der Nachweis dafür, dass Magier auch die Jahreszeiten beeinflussen können; in einer wunderschönen Illusion, die auch oft gesehen ist, aber bei der Till nochmals seinen Sinn für Einzigartigkeit bewies. In einem kleinen Schneesturm stehend nahm der Zauberkünstler seinen verdienten, lang anhaltenden Applaus entgegen.
Nach der Show nahm sich Till zwischen der nachfolgenden Open Air-Feuershow eines anderen Künstlers und dem Abbau noch viel Zeit für Gespräche, Autogramme und Fotos, was, wie ich weiß, ein Pluspunkt der Kleinkunstunterhaltung ist, der auch dieser Zauberer voll entspricht.
„Augenblicke“ war eine einmalige Show mit vielen unglaublichen Momenten und tollen Effekten. Das Bühnenbild ist simpel gehalten und strotzt trotzdem vor Inhalt, denn an jeder Ecke und in jeder Schublade gibt es Etwas zu entdecken. Mittelpunkt der Show ist ein Zauberkünstler, der mit seinen 19 Jahren zu den jüngsten professionellen Magiern Deutschlands zählt. Till ist gleichermaßen quirlig wie charismatisch, findet zu jedem Ereignis den passenden, aufgedrehten Wortwitz und begeistert sowohl mit schönen Fingerfertigkeiten als auch mit großartigen und einmaligen (besonders mentalmagischen) Effekten. Besonders mitgerissen hat mich auch die Einzigartigkeit seiner Person und seiner Nummern, die selbst erfahrene Magier oftmals nicht so auf die Bühne bringen können wie er.
Wann immer ich kann werde ich die Show des hibbeligen und durch und durch liebenswerten Zauberers mit dem gepunkteten T-Shirt, der roten Fliege und dem breiten Lächeln wieder besuchen – ich freue mich schon sehr darauf! :)
Danke für den tollen Abend, lieber Till! :)
"120 Minuten Lachen und Staunen" - und ein Schokoteddy!
Am 15.08.2017 besuchte ich den 81. ZauberSalon-Wuppertal in der „börse“ Wuppertal. Zu Gast war der Magier und Mentalist Jan Forster.
Der Flyer versprach „Deutschlands unterhaltsamsten Mentalist[en] und Gedankenleser“, „120 Minuten Lachen und Staunen“.
Zurecht mag man sich fragen, wie Mentalmagie, die vielleicht mystischste Sparte der Zauberei, und Spaß zusammen passen; haben doch viele das Bild eines geheimnisvollen Esoterikers im Kopf.
Als der Mentalist die Bühne betrat, lief keine verräterische Musik, die Atmosphäre wurde nicht auf einmal düster. Im Gegenteil: Jan lächelte; nicht etwa heimtückisch, sondern aufrichtig.
Der erste Trick begann simpel: Jan warf eine Papierkugel ins Publikum; der Mann, der sie gefangen hatte, wählte die Person rechts neben sich aus, um ihr das Papier zu überlassen. Diese Person war zufällig ich.
In den folgenden Minuten, die sich auch für mich überwiegend auf der Bühne abspielten, offenbarte der Magier eine richtige Vorhersage, bescherte mir einen Schokoteddy und wollte wissen, wie gut das Publikum mich einschätzen konnte.
Damit war es jedoch noch nicht getan. Der Trick, der nun folgte, verblüffte mich sehr [mittlerweile weiß ich wie er funktioniert; ich erinnere mich aber gerne an das Gefühl, dass ich damals hatte]: Ich bekam die Aufgabe, mir eine zweistellige Zahl zu denken. „Keine Schnapszahl“ wurde mir mit nachdrücklicher Gestik aufgetragen, und ich solle mich ja nicht beeinflussen lassen. Wie ich aber feststellen musste, als der Mentalist mit seiner anschließenden Vermutung genau ins Schwarze traf, hatte er mich manipuliert – oder etwa nicht?
Meiner Beteiligung direkt zu Anfang der Show war es wohl geschuldet, dass ich die kommenden gut zwei Stunden gespannt dem folgte, was Jan „mentalen Unfug“ nannte.
Es folgte ein weiterer vermeintlich simplerer Trick. Der Künstler holte sich ein Paar auf die Bühne, offenbar um den Versuch zu unternehmen, ihre Gedanken mittels eines Würfels zu verknüpfen. Doch Einfachheit ist eine Sache; die gewürfelte Zahl aus der Körpersprache des Zuschauers zu lesen eine andere.
Trotzdem: Besonders beeindruckend für das Publikum war das mentale Experiment, dass auch den Titel der Show „Mit allen Sinnen“ erklärte: Den Geschmackssinn des Mentalisten mit dem einer jungen Frau zu verbinden, um das verzehrte Getränk zu erraten. Erfolgreich. Und nach dem Austeilen der Getränke durch die Zuschauerin an zwei Personen aus dem Publikum und den Magier selbst, war selbst die Vorhersage, die Jan über den Verbleib der Getränke getroffen hatte, zu 100 Prozent richtig.
Für die nachfolgende Illusion bat der Künstler abermals ein Paar auf die Bühne. Auch bei ihnen wollte er testen, wie sehr ihre Gedanken in Verbindung stehen. Und zwar mittels Namen und einer Glocke. Man hatte das Gefühl, das ganze Publikum versuchte, etwas aufzuschnappen, das zum Gelingen des Tricks beitrug. Ob es jemandem gelungen war? Zweien auf jeden Fall: Denn die Glocke in der Hand der Frau ertönte genau bei dem zufällig ausgewählten Namen, an den der Mann gedacht hatte.
Ziemlich zu Beginn der Show hatte der Magier einem Zuschauer einen verschlossenen Umschlag und eine Glocke gegeben. Dieser sollte zu einem frei gewählten Zeitpunkt in der ersten Hälfte der Show die Glocke läuten und die entsprechende Uhrzeit auf dem Kuvert notieren. Dies hatte er auch getan. Kurz vor der Pause gab es die Auflösung, was es mit dieser Uhrzeit auf sich hatte. Wer jetzt denkt, in dem Umschlag habe sich einfach ein Zettel mit der gleichen Uhrzeit befunden, der irrt sich. Eine Vorhersage, die zudem noch richtig war, fand sich an anderer Stelle, und damit zu tun hatte lediglich die in dem Kuvert befindliche Batterie.
Vor der Pause wurde noch eine Runde Stadt-Land-Fluss gespielt. Die Begriffe, die Zuschauer dazu notierten, konnte Jan durch einige Fragen anscheinend leicht erraten. Und selbst Gedanken eines Zuschauers, der mit dem Trick gar nichts zu tun hatten, erreichten den Magier scheinbar mühelos. Nun schien der Mentalist er richtig warm zu laufen.
So ging es auch nach der Pause weiter. Zunächst las der Magier aus den Gedanken der Zuschauer aus Büchern völlig frei gewählte Worte. Dabei zeigte sich besonders bemerkenswert die vermeintliche Leichtigkeit des Mentalisten: Einige wenige Fragen schienen auszureichen, um einen Zuschauer genauestens einschätzen zu können. Es wirkte wie ein realer Beweis der Redensart „Ich lese in Dir wie in einem offenen Buch.“
Dann plauderte der Mentalist etwas aus dem Nähkästchen: Als Kinder haben er und sein Bruder oft seine Oma besucht. Sie besaß eine Kiste mit allerlei verschiedensten Gegenständen darin. Diese Kiste hatte er sogar mitgebracht. Und wie seiner Oma damals gelang es ihm zu verhindern, dass die drei Zuschauer, die etwas aus der Kiste nehmen und in ihrer Hosentasche verbergen sollten, die Gegenstände mit nach Hause nahmen.
Auch ein Kartentrick fehlte in Jans Vorstellung nicht. Mit Präzision erriet er die von Zuschauern zufällig aus einem gründlich durchgemischten Spiel ausgewählten Karten. Dazu bedurfte der Magier, ganz im Stil einer Mentalnummer, keiner Berührung des Kartenspiels oder Augenkontakt.
Als Zugabe beeindruckte der Mentalist mit einer ungewöhnlichen Nummer mit Nachkommastellen der Zahl Pi. Sehr vielen Nachkommastellen, zwischen denen er gedanklich hin und her springen konnte, wie immer es der Zuschauer ihm gerade auftrug.
Insgesamt war es ein sehr langer, aber durch und durch verblüffender Abend mit einem routinierten und nicht unsympathischen Gedankenleser, den seine Magie schon um die ganze Welt geführt hat. Seine Routine war es auch, welche die Show an einigen Stellen langwierig machte; fehlte mir an ein paar Punkten eine gewisse Abwechslung in der Spannung.
Wer mich kennt, weiß: Ich tue mich mit Mentalmagie schwer. Zum damaligen Zeitpunkt warf Jans Show für mich ein anderes Licht auf diese Sparte. Inzwischen ordne ich sie eher einem Mittelfeld meiner persönlichen Show-Erfahrungen ein. Die Begeisterung des Publikums sprach aber für sich.
Danke an Jan für seinen Auftritt, das anschließende Gespräch – und den Schokoteddy!
Nachtrag aus Februar 2025: Aufgrund meiner Erfahrungen der letzten Jahre ist der Bericht im Nachhinein angepasst worden.
Im Zauberkasten tanzen die Puppen
Am 29.07.2017, hatte Tim Becker zu seiner „Tanz der Puppen“-Party in seine WG geladen. Genauer gesagt, zum Tag danach ins Theater ZAUBERKASTEN in Bochum.
Nach einer kurzen Schilderung des Monsieur (H)And darüber, wer in der WG der Chef sei, stolperte auch schon der Bauchredner, im Schlafanzug und offenbar verkatert, auf die Bühne. Das Chaos in der Wohnung stach ihm dabei sofort ins Auge. Muss ja eine wilde Party gewesen sein! Sein vermeintliches Frühstück, ein etwas paranoides Ei mit einem Hang zu Wortwitzen und ein Donut, der sich noch genau erinnern konnte, dass Tim versucht hatte seinem Verwandten das Bein abzubeißen, konnten nicht sagen, was bei der Party passiert war. So verließ Tim die Bühne, um kurz darauf angezogen und zurechtgemacht wieder zu erscheinen und sich auf die Suche nach weiteren WG-Bewohnern zu machen.
Einen davon fand er auch, als ein süßlicher Geruch und Rauch hinter dem Sofa aufstieg. Dorthin hatte es Joe, den WG-Gründer, nach der Party verschlagen. Offenbar, um seinem Motto „Besser Gras rauchen als Heu schnupfen“ zu frönen. Es war daher nicht überraschend, dass Tim in dessen Hippie-Outfit auch etwas nicht ganz legales fand. Einsichtig war Joe allerdings nicht, und so zog es ihn wieder an sein lauschiges Plätzchen hinter der Couch. Tim wollte derweil das Fundstück entsorgen.
Im Müll traf der Bauchredner dann auf Konstantin Opel. Während die ganz und gar untypische Ratte erzählte, wie sie in die WG gekommen war, gab es einige Missverständnisse der beiden Gesprächspartner, die sehr zur Erheiterung des Publikums beitrugen. Und zu der des Künstlers, was aber ein Problem nach sich zog, wie Konstatin feststellte: „Wenn Du lachst, kann ich nicht reden.“ Nachdem aber auch der letzte Gag richtig vorgetragen wurde, plauderte der Edelpunk, der eigentlich Konstantin Lloyd Weber (Weber deutsch, nicht englisch ausgesprochen; Ähnlichkeiten zu bekannten Menschen rein zufällig 😉) über seinen Beruf als Musicalschauspieler und gab auch gleich eine kleine Kostprobe seines Könnens.
Über seinen Job sprach auch Urnen Udo, ein Verbleib vergangener Tage. Früher war er Animateur, heute jobbt er als Mülltonne oder Modell auf Zigarettenschachteln, und meldet sich immer wieder während der Show zu Wort.
Als die Klingel der Wohnungstür zu hören war und ein Brief „hereingereicht“ wurde, fiel mir auf: Im Gegensatz zu Künstlern auf großen Bühnen, die eine Menge Technik und Crew um sich haben, ist man als Darsteller alleine auf einer kleinen Bühne alles: Ansager, Künstler, oder eben auch Postbote. Eine enorme Leistung, dadurch entstehende vermeintlich merkwürdige Momente charmant zu überspielen!
Der Brief enthielt ein Schreiben des Vermieters mit Beschwerden der anderen Hausbewohner, es seien oft mehrere Stimmen auf der Wohnung zu hören, obwohl nur an einen Bewohner vermietet sei. Die angekündigte Wohnungsbegehung nötigte Tim, etwas klar Schiff zu machen. Das tat er auch, und zwar in Zaubermanier. Da wurde die zerrupfte Zeitung wieder zusammengefügt und allerlei Zeug verschwand vollständig aus einer magischen Tüte.
In der Pause hatten die WG-Bewohner etwas aufgeräumt und Tim kam nach einem Shoppingtrip in neuem Anzug auf die Bühne. Nachdem er magisch den Preis durch das Publikum erraten ließ (und das sogar richtig!), erzählte der Bauchredner von seiner Familie. Er sei Lehrerkind und leide unter „Korrekturtourette“. Er kann also nicht anders, als ständig Leute zu korrigieren. Auf der anderen Seite solle beim Blick auf seinen Beruf manch einer nicht wissen „spinnt der oder waren seine Eltern Geschwister?“
Tim hatte einen besonderen Gast in der WG angekündigt; doch der verlangte ein Vorprogramm. Was sollte der Bauchredner und Zauberkünstler also anderes tun, als ganz klassisch ein Kaninchen aus dem Hut zu zaubern. Auf den ersten Blick, nachdem bei dem Trick das Timing dann doch gestimmt hatte, sah der Hase auch irgendwie niedlich aus. Als dann aber „Schnauze!“ ertönte, war klar: Das ist kein flauschiges Kuschelhäschen. Der rabiate Karl K. Ninchen ist gezwungenermaßen Teil der WG in der Schizostraße. Ein Zauberhase zu sein sei ein Job, den ihm die Arbeitsagentur aufs Auge gedrückt hatte. Nachdem es als Osterhase und Versuchskaninchen nicht geklappt hatte. Nun strebt er aber eine neue, nicht ganz jugendfreie Karriere an…
Dann war es soweit, der besondere Gast hatte seinen Auftritt. Zuviel sei nicht verraten, aber: Dandy Randy ist pink, flauschig, sieht auch auf drei Beinen sexy aus und flirtet wahnsinnig gerne – vorzugsweise mit Herren aus dem Publikum. Man sagt ihm nach, er habe immer einen flotten Spruch auf den Lippen, was ich nur bestätigen kann. Egal, ob es um seine Homosensationalität, sein Herz für Kalorien oder einen möglichen Namen für sein Soloprogramm, z.B. "Von der Pferdetrense zur Pferdetranse", geht – Lachen musste man, ob man wollte oder nicht!
Nach diesem aufregenden Auftritt meldete sich Konstantin nochmal zu Wort. Zusammen saßen er und Tim auf dem Sofa, entspannt zunächst, doch dann gab es etwas Ernstes zu besprechen: Konstantin eröffnete dem Bauchredner eine Erkenntnis, die wohl nur schwer zu schlucken war. Als niemand in der WG dem Bauchredner mehr antworten wollte, verkroch sich er sich lieber unter seine Sofadecke. Und nur Monsieur (H)And kam noch einmal hervor. Tim sei gebrochen, und nun könne er die Herrschaft über die WG und die Welt übernehmen. Ob das wirklich eine gute Idee ist?
In seiner Zugabe stellte Tim einen neuen Charakter vor. Exotisch, mysteriös und irgendwie tiefgründig-schräg kam das Seelentier des Bauchredners daher.
Zu guter Letzt kam auch nochmal Joe und versicherte, er wolle mit dem Rauchen und dem Kiffen aufhören. Um das auch ganz sicher zu stellen, trug er zum Abschluss einige Anti-Raucher-Gedichte vor, die auch abschließend lautes Gelächter nach sich zogen.
Die Show „Tanz der Puppen“ von Tim Becker lässt sich schlecht in wenigen Worten zusammenfassen. Es ist bunt, laut, voll und chaotisch; es muss anstrengend sein, so viele Stimmen im Kopf zu haben. Irgendwie ist es auch tiefgründig, aber nie zu emotional. Es ist zauberhaft und komisch, ohne allzu lächerlich zu sein.
„Wieso hat der Reichstag eine Kuppel? Oder anders: Schonmal einen Zirkus mit Flachdach gesehen?“
Am 18.07.2017 fand der allmonatliche ZauberSalon-Wuppertal e.V. in „die börse“ Wuppertal statt. Diesmal war der Zauberkünstler Herr Knigge mit seinem Soloprogramm dort zu Gast. In entspannter Open Air-Atmosphäre spielte er dort sein Solo „Magic Fracking – Magie im Frack“. Der Pressetext sagt: „[…] Wie es der Name schon vermuten lässt, ist Herr Knigge vornehm und vor allem etwas steif. Sein Benehmen ist vorbildlich und sein Outfit immer korrekt. Der typische, klassische Zauberer.“
Manch einer mag nun denken, ein Zauberer in Frack und wohlmöglich noch mit Zylinder, wie altbacken. Zugegeben: Unerwartete Rufe und Aktionen der Zuschauer schienen ihn etwas aus dem Konzept zu bringen. Ist das Publikum heute doch etwas anders aufgestellt als zur Zeit der fein gestriegelten Magier, die sich ganz alleine oder mit Assistentin auf der Bühne bewegten. Aber man sagt, „Wichtig […] für Herrn Knigge ist seine größte Maxime: Ist das Chaos noch so groß, immer Haltung bewahren und höflich bleiben. Ganz so, wie es sein Name verspricht.“ Und das hat er wohl geschafft!
Die Wahrheit ist also: Ja zu dem Zylinder, aber als verstaubten Theaterzauberer kann man Herrn Knigge wirklich nicht bezeichnen.
Stattdessen erzählte der Magier aus seiner Kindheit; dem ersten Trick, den er als Kind von einem Zauberer gesehen hatte. Von komischen Fragen, die er sich als Kind gestellt hatte. Von dem Glas mit den Erbsen, die immer in der Küche standen und darauf warteten, gezählt zu werden. Mit Hilfe eines Zuschauers erfüllte Herr Knigge sich diesen Wunsch auch – aber ganz magisch natürlich, ohne sie wirklich zu zählen. Und von seiner Lieblings-Sciene-Fiction-Geschichte Perry Rhodan, die sich hervorragend zerreißen lässt, um damit und der dazugehörigen „Sonne“ mental zu zaubern.
Und selbst mit den Gedanken von Zuschauern wusste der Zauberkünstler umzugehen und sie zu lesen und den richtigen Leuten zuzuordnen; egal, ob es einfach nur um Karten ging oder die liebsten Erinnerungen.
Doch warum sich nur mit Gedanken befassen? Jemandem wie einem Herrn Knigge muss Kleidung unwahrscheinlich wichtig sein, und so ließ er sich mit Hilfe einiger Zuschauer einen neuen, bunteren Look verpassen. Oder zumindest seinem kleinen gezeichneten Ebenbild, das sich kurioserweise als Vorhersage in der gleichen Zusammenstellung an einem sehr magischen Ort wiederfand…Magic Fracking eben!
Auch ganz klassische Zauberkunststücke gab es im Programm von Herrn Knigge, wie etwa eine Ring-Seil-Routine, einen Geldscheintrick und ein Kunststück mit „einem weißen, einem runden und einem unverschämt langen Seil“.
Was dagegen unverwechselbar kreativ und komisch daherkam, war Herrn Knigges Umsetzung der Chapeaugrafie. Was das ist? – Wusste ich vorher auch nicht, aber es lohnt sich auf jeden Fall, sich das ganze Mal anzusehen, die Kunst mit dem "Verwandlungshut".
Das Kunststück, das mich persönlich am meisten berührt hat, war eines über das „Buch des Lebens“ und die Frage, ob ein Buch bei der Geburt noch ganz leer oder die Lebensgeschichte längst geschrieben ist – und was passiert, wenn sich der Zufall darin einmischt. Eine einfach gehaltene, aber schöne Illusion, die gerne noch mehr hätte hervorgehoben sein dürfen!
Wer sich übrigens fragt, was es mit dem Handstaubsauger und dem Fahrradhelm auf sich hat: Mathematik benutzen, um die ausgewählte Karte eines Zuschauers wieder zu finden, kann jeder. ;)
Insgesamt war es ein unterhaltsamer entspannter Abend mit vielen magischen Momenten.
Für mich übrigens ist der ZauberSalon in Wuppertal ein fester Termin im Kalender geworden, denn ich mag es, abwechslungsreiche Magie in entspannter Atmosphäre zu erleben. Und dabei auch die lokale und Nachwuchs-Zauberei unterstützt zu wissen!
Ein Pappkarton zu Besuch in Bad Oeynhausen
Am Mittwoch, den 05.07.2017 war Mellow zu Besuch im ZauberSalon Bad Oeynhausen.
Der ZauberSalon ist einer von dreien in ganz Deutschland, in dem Zauberkünstler mit ihren abendfüllenden Shows oder einzelnen Kunststücken auftreten. Die Idee kommt urspünglich aus Hannover. Hier können Zauberer sich und ihre neuen Werke auch ausprobieren. Und das hat auch Mellow getan!
Ab Februar 2018 wird Mellow mit seiner neuen Show auf Tour sein. Zusammen mit seinem Team bastelt er fleißig an Tricks, Requisiten und Kostümen. Und die ersten neuen Tricks durften sich die Zuschauer in der "Druckerei" Bad Oeynhausen schon ansehen.
In der ersten Hälfte trat der junge Zauberkünstler mit durchweg neuen Illusionen auf.
Angefangen von einem zauberhaften Geschenk für einen Stammgast des ZauberSalons.
Dann erzählte Mellow von der „Gang“ seiner Kindheit, und davon, wie reich man sich als Kind mit seinem Taschengeld vorkam. Dabei zeigte sich der Magie Newcomer von einer Seite, die ich so von ihm weder kannte, noch erwartet hätte. Für jemanden, der seine aktuelle Show „Wunder aus dem Pappkarton“ und sein Auftreten kennt, eine wirklich tolle Überraschung zu sehen, wie sich Mellow mit der neuen Show weiterentwickeln wird. Ich bin gespannt, wie das Ganze fertig aussieht! 😉
Mit einigen Requisiten aus seiner Kindheit hat der Magier einen seiner bekannteren Tricks neu aufgearbeitet. Wie ich finde schöner und persönlicher als bisher, verzauberte er eine Zuschauerin und ihren Ring.
Und noch etwas kam zum Tragen, das Mellow bis heute begeistert: Superhelden. Und er zeigte wie bereits bei Köhler am Werk im April eindrucksvoll, wie man sich mit Hilfe eines Zuschauers am besten selbst in einen Superheld verwandelt. „Ich muss los!“ – So endete die erste Hälfte seines Auftritts.
Schon vor Beginn seines ersten Auftritts wurde der Zauberer groß angekündigt: Er sei Deutscher Vize-Meister der Sprechzauberei und man munkelt, er wird vielleicht sogar mit seiner Meisterschaftsnummer bei den Weltmeisterschaften 2018 in Busan in Korea antreten. Bis dahin gäbe es aber noch einige Dinge zu verbessern, verriet uns Mellow im Nachhinein.
In der zweiten Hälfte zeigte er daher dem Publikum auch die Nummer, mit der er die zweithöchste Punktzahl in der Sparte „Parlor Magic“ bei den Meisterschaften erreichte.
Es geht um „die Zeit zwischen analog und digital“, die Zeit von Polaroids. In einer feinsinnigen, detailverliebten Trickabfolge zeigt der Zauberkünstler dabei, wie wertvoll es ist, ein richtiges Foto in den Händen zu halten, welche Erinnerungen er damit verbindet – und vorallem, wie magisch es sein kann, wenn sich ein scheinbar unfertiges Polaroids doch noch zu etwas entwickelt.
Wir lieben diese Illusion! 😊
Ich finde die Ideen zu den neuen Kunststücken großartig. Es vermittelt das Gefühl, Mellow wird auch in seiner zweiten Show seine Authentizität und seinen Witz nicht verlieren. Gleichzeitig wiederholt er sich wenig, es zeigt die Kreativität des sympathischen Magie Newcomers und seinen Anspruch, sich neue Dinge und Dinge neu auszudenken. Sicherlich werden die Illusionen nicht so bleiben, wie er sie hier gezeigt hat. Eine der Nummer sei „genau eine Woche alt“, erzählte der Magier später. Einige Stellen sind wohl ausbaufähig, und wir sind uns sicher, in den nächsten sechs Monaten wird Mellow aus diesen und weiteren Nummern eine tolle neue Show für uns auf die Beine stellen! 🙂
Neben Mellow ist auch noch der Zauberer Mannix aufgetreten. Er verblüffte das Publikum mit schön verpackten Klassikern der Zauberkunst.
Insgesamt war es ein super unterhaltsamer Abend. Ich wiederhole mich gerne: Wer von Euch Interesse an Zauberei hat, besucht die ZauberSalons in Bad Oeynhausen, Wuppertal und Hannover. Dort treten immer wechselnde Künstler auf, und man bekommt ganz ohne Eintritt (aber gerne gegen Spende! 😊) einen breiten Einblick in die Magie-Kleinkunstszene, und garantiert immer einen tollen Abend! ☺️
"Ich habe alles was ich erzähle fast genauso erlebt. Ich möchte authentisch und ehrlich sein."
Nach seiner Solo-Show „Frau zum Mitreißen gesucht!“ am 26.06.2017 im Takelgarn Theater in Düsseldorf durfte ich Glenn Langhorst noch einige Fragen zu seiner Arbeit und seinem Leben stellen. Dabei zeigte sich der seit 2003 in Hamburg lebende Komiker sehr offen. „Ich habe alles was ich erzähle fast genau so erlebt. Ich möchte authentisch und ehrlich sein.“ Und auch im gemeinsamen Gespräch hatte ich nicht das Gefühl, dass er etwas vorzuspielen hat. Er verwende lieber seinen eigenen Filter, als einfach von etwas zu berichten, mit dem er gar keine eigenen Erfahrungen hat. So wiederholt er, was er auch auf der Bühne sagt: „Ich sehe alles als Win-Win-Situation. Entweder trägt eine Erfahrung zu einem guten Leben bei – oder zu einem guten Bühnenprogramm.“ Und so ist es ihm auch wichtig, nicht jahrelang mit dem gleichen Programm auf Tour zu sein. „Man sollte alle 2-3 Jahre etwas Neues machen, sonst wirkt es nicht mehr authentisch.“ Und genau diesen Eindruck vermittelt er, sowohl auf der Bühne als auch abseits davon. Jemand der sagt, dass „nichts so persönlich ist wie Humor“, dem kauft man seine Geschichten über die Problematik, als Komiker eine Partnerin zu finden, auch gerne ab. Dabei gibt es nicht, worüber er auf der Bühne nicht sprechen würde. „Ich finde nicht, dass man Themen auslassen sollte, wenn man drüber reden möchte.“
Seinen ersten öffentlichen Auftritt hatte Glenn im Sommer 2009 in einer kleinen Bar in Hamburg. „Das war eine Bar, in der hinten eine kleine Bühne war und vorne eine Kneipe. Leider waren die Räume nicht getrennt.“ Das führte zu einer enormen Lautstärke und einer unschönen Verteilung des Publikums. „ Es war das härteste Publikum der Welt. Aber eine gute Übung.“
Auf die Frage, ob er schon immer Komiker werden wollte, gab Glenn keine typische Antwort wie „Mit 5 Jahren hatte ich ein Erlebnis, danach wusste ich…“ Im Gegenteil, bei ihm hat sich alles erst nach und nach herauskristallisiert. „Es macht nicht PENG! und man weiß, man will Komiker sein. So etwas entwickelt sich langsam.“ Es sei aber nicht nur die Erfahrung, die man im Laufe der Zeit sammelt. Man müsse auch extrovertiert sein und ein gewisses Talent gehöre dazu. „Das Talent heißt, Deine Erfahrungen werden Durch Dich gefiltert – und sind schon lustig!“. Außerdem müsse man das reisen mögen. „Eventuell spielt der Freundeskreis dabei nicht mit. Aber als Kleinkünstler muss man kontinuierlich arbeiten.“ Gelernt hat er Fluggeräte- und KFZ-Mechaniker und hat sein Abitur gemacht. „Ich hatte allerdings schon ne Menge Jobs und Berufe. Ich war Landschaftsgärtner, habe in einer Bar gearbeitet, beim Fernsehen (vor und hinter der Kamera), bin zur See gefahren…“
Auch auf die Frage, ob er das als Beruf gern macht, hat der sympathische Künstler eine Antwort: „Ich mag an dem Beruf, dass man sofort ein Feedback erhält. Man weiß anhand der Reaktion der Zuschauer sofort, ob ein Gag funktioniert oder nicht.“ Trotzdem interagiert Glenn selten mit einzelnen Zuschauern. „Das Programm ist eh schon sehr lang. Dadurch würde es Überlänge bekommen. Auch wenn ich schon manchmal gerne würde.“ Kann er auch, denke ich mir, und erinnere mich an das einzige Mal, das Glenn von der Bühne kam und eine Frau nach einem Kommentar ihrerseits mit dem Satz ansprach „Wer hat denn da gerade einen kapitalen Fehler gemacht?“ Für mich einer der lustigsten Momente des Abends. Die Frage, ob dann Improvisation nicht etwas für ihn wäre, verneinte er. „Wobei ich im neuen Programm, dem Thema geschuldet, einen regeren Dialog mit dem Publikum habe.“
Eine Frage, die ich Bühnenkünstlern gerne stelle: Wie schwer es ist, immer die gleichen Gags zu bringen? „Irgendwie ist es ja jedes Mal ein wenig anders, weil das Material sich über die Zeit verändert. Und solange die Leute Lachen, macht es auch Spaß.“
Neben seinem Arbeiten auf der Bühne unterstützt Glenn übrigens über sein Unternehmen „New Line Entertainment“ andere Künstler bei ihren Shows und Projekten.
"Ich bin ein Vollhorst, was Flirtverhalten angeht. Ich brauch die Freundin, die dahintersteht mit so Flaggen!"
Komiker Glenn Langhorst war 2017 mit seinem Soloprogramm „Frau zum Mitreißen gesucht“ unterwegs. So auch am 29.06.2017 im Takelgarn Theater in Düsseldorf.
Im offiziellen Pressetext des Programms hieß es, dort „verarbeitet er die schlimmsten und schönsten Datingerfahrungen der vergangenen 25 Jahre“. Wenn man das Programm gesehen hat, kann man nur sagen: Der Arme! :D „Ich bin Single – yeeaaah, Überraschung!“
Tatsächlich erzählte Glenn von den Problemen, die das Dating für ihn als Single, als „Bodensatz der Gesellschaft“, bereit hält.
Nicht nur seine Familie schien ein großes Hindernis zu sein; wenn zum Beispiel eine Wette darüber abgeschlossen wird, wem der beste Spruch für den Grabstein des Vaters einfallen würde, könnte das ziemlich abschreckend wirken. Achtung, Spoiler: Glenns Vorschlag „Hier könnte Ihre Werbung stehen“ hat nicht gewonnen. Auch die Kreativität, was Geschenke angeht, sei wohl nicht gerade zuträglich. Oder was sagt ihr, wenn man von der Mutter als Star Wars-Fan Karten für Starlight Express geschenkt bekommt?
Und auch die Tatsache, dass Glenn einen Sohn hat, habe unweigerlich sein Leben verändert.
„Kinder haben bedeutet, nur noch Überraschungen zu erleben. Und ab 16 Jahren lösen Adoptionsanträge ein warmes Gefühl im Bauch aus.“ Trotzdem bringe der Kindergartenalltag seines Sohnes viele lustige Geschichten hervor, vom „Wenn Du wählen kannst, sei immer die Katze“ über die Pläne seines Sohnes, anscheinend Comedian werden zu wollen bis hin zum Lied über Ritalin, „die Katja Saalfrank von Ratiopharm“.
Das größte Problem sei aber eigentlich sein Job. „Was sich neckt, das liebt sich – ich necke hauptberuflich!“
Als Komiker lebt man offenbar extrem gefährlich – eine merkwürdige Situation, ein falsch anmutender Spruch über ein „Vorstellungsgespräch“, und der Ärger ist vorprogrammiert. Generell sei es nicht leicht, wenn man „einfach nicht die Fresse halten kann“. Sehr eindrucksvoll schilderte Glenn das mit seinem Bericht über seine, oft sehr kurzweiligen, Beziehungen. Es geht immer schnell und „zack, wieder Single!“
Auch seine Künstlerkollegen tun sich bei der Frauensuche schwer. So erzählte der Komiker von einem Freund von ihm – Zauberkünstler, der, wenn ein lustiger Zuschauer nach der Show bittet „Kannst Du meine Frau verschwinden lassen?“, das auch tut. „Dann gibt’s backstage eine private Zauberseil-Bondage-Sondershow.“ (Ein Witz, über den ich selbst mehr gelacht habe als ich sollte :D)
Selbst über Online-Singlebörsen konnte der Komiker aus dem Nähkästchen plaudern. Über Tinder zum Beispiel, das wie „sich betrinken rückwärts“ funktioniert, und am besten, wenn man eine Minibanane mit auf eine bestimmte Art von Profilbild packt. Das einzige, was ihm beim Ausfüllen eines Profils zugespielt habe, sei die Frage „Was magst Du?“ Die denkbar einfache Antwort: Alkohol. Und zwar alle erdenklichen Sorten samt passendem imaginärem Begleiter.
Aber dass es mit einer Beziehung nicht so klappt läge laut Glenn nicht nur an ihm. Auch die Frauen und ihr verqueres Männer- und Selbstbild tragen dazu bei. Besonders beeindruckend konnte der Komiker dies mit seinem Lied über IT-Girls deutlich machen. Glenn scheint der Meinung zu sein, nach Perfektion zu streben sei nicht das Wahre. „Wir wollen doch keine Frau ohne Vergangenheit – wir sind doch kein Ausbildungsbetrieb!“ Dennoch gibt es Grenzen, zum Beispiel bei den Klamotten. „Die Kleidung sagt Dir sogar, ob Du sie tragen kannst oder nicht!“
Wenn es dann doch mal mit einem Date klappt, gibt es so typische Fragen. „Glaubst Du an Liebe auf den ersten Blick?“ oder auch „Glaubst Du an die Evolution?“ Die Antwort: Stellt Euch mal vor, Charles Darwin würde heutzutage mal Bahn fahren. Bei Erzählungen über einseitiges Ausdauer- und Konditionstraining, die neue Trendsportart „Zimba“ und die Kausalität zwischen Banalität des Gesprächsinhalts und der Lautstärke des Gesprächs hätte sicher auch der Begründer der Evolutionstheorie ernsthafte Zweifel bekommen.
Insgesamt bestand Glenn Langhorst Programm „Frau zum Mitreißen gesucht“ aus vielen lustigen kleine Erzählungen, die wirklich mitten aus dem Leben eines Single-Komikers zu stammen scheinen, verpackt in sehr persönliche Momente und netter musikalischer Unterbrechungen. Ich hatte einen sehr lustigen und kurzweiligen Abend.
Wie Zauberer (niemals) erwachsen werden
„Hilfe, ich werde erwachsen!“ - so hieß das erste Soloprogramm des Zauberkünstlers Marc Weide, welches ich am 23.06.2017 im Theater Olpketal "Günna" in Dortmund besuchte.
Nachdem er mit 11 Jahren bei David Copperfields Show auf die Bühne geholt wurde, war er so fasziniert, dass er sich sicher war „Ich werde Zauberer!“ - und zum Geburtstag den gewünschten Zauberkasten bekam, mit dem alles begann. Mit dieser Erzählung startete der damals 25-jährige Magier die Show über seine Kindheit und das Erwachsenwerden.
Eine Reise, angefangen von seinem ersten Zaubertrick; der mit dem, mehr oder weniger, großen roten Tuch. Über eine echte Zeitreise, bei der nicht nur der Kartentrick rückwärts funktionierte, sondern auch die Armbanduhr des Zauberkünstlers unerwartet ihre Position veränderte. Bis hin zu seiner Meisterschaftsnummer, mit der Marc in 2017 Deutscher Vize-Meister der Zauberkunst in der Sparte Parlor Magic wurde. Eine vermeintlich harmlose Lieferung aus dem Zaubererversandhandel entpuppte sich dabei als beeindruckender Kartentrick. Denn wie es in der Trickbeschreibung stand, die von einer Zuschauerin Schritt für Schritt vorgelesen wurde, spielten sich alle Dinge, die mit der Karte in der Hand der Zauberers geschahen, auch auf dessen T-Shirt ab. Und nicht nur das: Der Trick konnte zumindest Marc auch die Schuhe ausziehen. Eine kurzweilige detailreiche Nummer.
Aus seinem alten Scout-Ranzen holte Marc Utensilien fürs Gedankenlesen aus Comicbüchern, für Zaubereien mit Becher, Würfel und Münze und der Verwandlung eines Geldscheins. Diese stellte den Zuschauer, der den Schein zur Verfügung gestellt hatte, zunächst nicht ganz zufrieden. Umso beeindruckender, dass der Schein dann doch wieder auftauchte; an einem Ort, der normalerweise eher ein gesunder Schulpausen-Snack ist als ein Aufbewahrungsort für Geld. „Wir haben schon wieder die Falschen gekauft, da war schon wieder ein Fünfziger drin!“
Auch das Publikum wurde mehr als einmal zum Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Egal, ob der Magier Fingerringe der Zuschauer magisch miteinander verband und auch wieder trennte, oder ob er fünf Zuschauer bat ihm zu helfen, um eine Frau mit einem Kartentrick zu beeindrucken.
Wirklich gepackt hat mich vorallem der letzte Moment der Show: Ein Kartentrick, bei dem wirklich jeder Zuschauer selbst zum Zauberer werden sollte. Wer dabei war und nach wilder Mischerei am Ende die zusammenpassenden Teile einer Karte hochhielt, fühlte sich sicherlich endgültig verzaubert. Und der Blick von der Bühne auf dieses Bild muss noch großartiger gewesen sein! [Nachtrag: Mittlerweile kenne ich die Tricktechnik und habe das Kunststück oft gesehen. Damals wie heute ist das beeindruckendste aber die Reaktion des Publikums!]
Insgesamt war es eine recht unterhaltsame Zaubershow, der zwar etwas der rote Faden fehlte, aber die mit ein paar interessant gewandeten Klassikern und sympathischer Publikumsinteraktion aufwartete; vorgeführt von einem etwas aufgeregt und zerstreut wirkenden Zauberkünstler der zeigte, dass er trotz seiner bisherigen Karriere auf dem Boden geblieben ist und ein Händchen hat für die solide und nahbare Kleinkunst-Zauberei.
Nachtrag aus Februar 2025: Aufgrund meiner Erfahrungen der letzten Jahre ist der Bericht im Nachhinein angepasst worden.
Ein Pädagoge, ein Comedymagier und
ein Engländer gehen in eine Bar...
Am 22.06.2017 war das Chateau Rikx in Düsseldorf Heimat eines Stand Up Comedy-Abends.
Das Chateau Rikx ist eine kleine Viertelbar in Düsseldorf-Oberkassel. Dort finden regelmäßig Formate der pop up comedy statt, ein deutschlandweites Showformat. So auch gestern, und das dank bestem Wetter draußen auf der Terrasse der Hinterhofkneipe.
Präsentator der pop up comedy und Komiker Lars Hohlfeld moderierte den Abend, heizte die Stimmung des Publikums an (der Rest war schon warm genug) und kündigte die drei Gastkünstler des Abends an.
Als erstes begrüßte er den Comedian Matthias Jung. Der selbsterklärte „lustigste Jugend-Experte Deutschlands“ sprach, wie sollte es anders sein, über die heutige Jugend. Aber keine Sorge: Was sich jetzt erstmal wie ein pädagogisch wertvoller Beitrag anhört, und sich auch zunächst so anfühlte, als es hieß „Ich arbeite mit Jugendlichen“ stellte sich als ironisch-hurmorvolle Erzählung über die Höhen und Tiefen der Baustellen in den Köpfen der Teenager und der Bauarbeitertätigkeit von Eltern und Lehrern heraus.
Christopher Köhler betrat als zweiter den Bühnenbereich. Wie im Vorhinein schon angekündigt wurde, sammelte sich der Comedymagier allerlei Publikum zum Mitmachen zusammen. Christopher zauberte zunächst Karten von einem Ort zum anderen – und ein bisschen Schamesröte in die Gesichter des „freiwilligen“ Paares. Er lieh sich für den nächsten Kartentrick die Arme eines anderen Zuschauers.
Zum letzten stellte Christopher noch dar, wie genau es aussieht, wenn ein Magier besoffen auf einer Party einen Trick vorführen soll. Doch trotz gespielt lallender Stimme stellte sich heraus: Gedankenlesen funktioniert auch im betrunkenem Zustand.
Als dritten Künstler hatte die „pop up comedy“ den Engländer Don Clarke eingeladen. Er philosophierte über Gewichtsschwankungen, Männer und Frauen und das Altern. Was man aus seiner Erzählung lernen konnte? Man nimmt nur zu, um abzunehmen; problematisch wird es, wenn man die Kurve nicht bekommt. Kinder lassen sich nur bis zu einem gewissen Alter aussetzen, am besten aber zusammen mit einem Welpen. Und sportliche Leistung wird überbewertet, Pokale kann man sich schließlich auch kaufen – oder sie sich vom Gastgeber einer Comedyshow überreichen lassen.
Insgesamt war es ein sehr unterhaltsamer ruhiger Abend bei tollem Wetter!
Bevor es wirklich "Manisch magisch" wurde
Am 26.05.2017 war ich bei der Vor-Vorpremiere von Christopher Köhler - Comedy Magics neuer Solo-Show im studio m22 des deutzkultur e.V. in Köln zu Gast.
Sein mittlerweile drittes Soloprogramm "Manisch magisch" sei, zumindest in der zweiten Hälfte, „noch eine Baustelle“ - starteten die eigentlichen Vorpremieren doch erst im September.
Mit gewohnt leicht verrückter Art nahm der Zauberkünstler sein Publikum mit in seine „manisch magische“ Welt. Dort gab es allerlei Kurioses zu sehen: Karten, die auf magische, nicht ganz jugendfreie Weise „untenrum“ von der Hosentasche des einen Zuschauers in die Hosentasche seiner Partnerin wanderten; der Geldschein einer weiteren Zuschauerin, der sich mysteriös in Konfetti verwandelte, um letzten Endes doch in voller Gänze an einem unerwarteten Ort wieder aufzutauchen; oder das selbsternannte Steckenpferd des Comedymagiers: Improvisation! Auch für diese Nummern holte sich der Künstler gerne Publikum auf die Bühne –und zwar so oft, dass er in einer kleinen Location wie dem Studio m22 fast alle Zuschauer beim Vornamen kannte. Und was sich mit so Zuschauern alles anstellen lässt: Sie können die Hände des Magiers ersetzen („Ich wusste gar nicht was ich alles kann!“) und ihn sogar wie eine Marionette tanzen lassen. Mal ganz abgesehen von der Geräuschuntermalung eines Live-Hörspiels.
In der zweiten Hälfte schlug der Zauberkünstler aber auch ruhigere Töne an. Wem zuvor wirklich magische Momente gefehlt hatten, erfuhr umso mehr davon, als Christopher die Gedanken seines Publikums las. Ob er aus dem Stegreif alle zufällig gezogene Karten einer Zuschauerin aufzählte, ebenso durch Zufall bestimmte Buchinhalte erriet oder das Bild in Gedanken eines Zuschauers las – der Magier, der im Januar 2017 sein 10-jähriges Bühnenjubiläum feierte, zeigte so auf für das Publikum beeindruckende Art und Weise, wo seine Wurzeln in der Zauberei liegen.
Auch einen anrührenden Moment schaffte Christopher in seiner Show, als er die Geschichte seiner verstorbenen Oma erzählte, die durch einen Zauberkasten und unzählige Male, in denen sie seine wichtigste Kritikerin war, den Grundstein für das legte, was der Comedymagier heute auf der Bühne abliefert. „Weine nicht, weil es vorbei ist; sondern lächle, weil dieser Mensch bei Dir war“, lautete die Erkenntnis aus dieser Erzählung. Eine ganz besondere Geschichte verbunden mit einer schönen Illusion, die den Zauberer auch von einer ganz anderen Seite zeigt.
Es war ein unterhaltsamer, aber auch faszinierender Abend, an dem Christopher beweisen wollte, dass mehr hinter ihm, seinem „saloppem Mundwerk“ und seinem Improvisationstalent steckt, als sein Publikum von einem Lacher in den nächsten zu schubsen.
Nachtrag aus Februar 2025: Wie man meinem Werdegang entnehmen kann, habe ich nach 2018 die Karriere von Christopher aus persönlichen Gründen nicht weiter verfolgt. Dennoch wollte ich diese Rezension nicht gänzlich löschen; allerdings wurde sie teilweise angepasst.
Lemon Tree mal anders
Am Sonntag, den 21.05.2017 war ich im Kleines Theater Herne e.V. zu Besuch bei Matthias Rauch.
Eines der wenigen Male, in denen ich mich vorher nicht mit dem Magier beschäftigt habe, der da auf der Bühne stehen würde. Ich habe mich einfach mal überraschen lassen. Und das hat ziemlich gut funktioniert.
Was sich als Zusatz „Deutscher Meister der Zauberkunst“ damals für mich erstmal hochtrabend anhört, stellt sich als etwas völlig anderes heraus – nämlich als angenehm bodenständiger, routinierter Magier, der sich auch für Selbstironie nicht zu schade ist.
Um den herausragenden Titel aufzulösen: Vor etlichen Jahren ist Matthias Deutscher Meister der Zauberkunst in der Kategorie „Manipulation“ (also Fingerfertigkeitseffekte) geworden. Diesem Titel wurde er auch an diesem Abend mehrfach gerecht.
Denn der zwar zeitweise etwas fahrig wirkende, aber absolut unterhaltsame Künstler überzeugte mit einer Mischung aus klassischen Kunststücken mit Karten und Bällen und aus großen wie kleinen Überraschungen. Er führte sein Publikum durch einen Abend voller Rührung, Lachen und vorallem Staunen, und erzählte dabei von seiner Familie, seiner ersten Sandkastenliebe und seinem Großvater, der ihn durch eine einfache Ketchup-Flasche zur Zauberei gebracht hatte.
Ob die Geschichte über eine Elfe, die einen Tisch namens „Sören“ schweben lässt; ein Kartenmord, der zumindest mir kurzzeitig tatsächlich etwas den Atem stocken ließ, oder „101 Dinge, um eine Frau glücklich zu machen“ (der Großteil davon übrigens Schuhe, Schokolade und Blumen); der Magier, der seit mittlerweile 16 Jahren auf der Bühne steht, entführte die Zuschauer auf seine charmante Art in seine ganz eigene „Rauchzone“.
Köhler am Werk - Die Letzte
Am 18.5.17 hat es mich zum 2. Mal ins "Theater im Walzwerk" nach Pulheim gezogen, zur letzten Ausgabe der Mixshow "Köhler am Werk".
Der Gastgeber, Comedymagier Christopher Köhler, begrüßte dort als Gäste Komiker David Anschütz, Varietekünstler Stephan Masur und Mentalmagier Carsten Lesch.
Während David Anschütz mit seinen Geschichten über Mann & Frau das Publikum zum Lachen, und Stephan Masur mit seiner Seifenblasenkunst die Zuschauenden zum Träumen brachte, hinterließ insbesondere Carsten Lesch einen bleibenden Eindruck bei mir. Er holte er mich für eine "Weltpremiere" einer wie ich finde sehr besonderen Illusion auf die Bühne. Es war bizarr und fast etwas gruselig, ich war fasziniert und wirklich schwer beeindruckt. Danke für diesen unglaublich magischen Moment! 😊
"Wenn Du nicht bereit bist, einen Schritt weiter zu gehen, wirst Du immer am gleichen Ort bleiben." Mit dieser Erkenntnis leitete Christopher seine Abschiedsworte an das KaW-Publikum ein - nach vier Jahren und insgesamt 37 magisch-komischen Gästen bei "Köhler am Werk".
Die beiden Ausgaben dieser Mixshow, die ich erlebt habe, waren für mich im Nachhinein betrachtet ein großer Türöffner - denn heute bin ich einer der Köpfe hinter der neuen Variante der magischen Mixedshow im Theater im Walzwerk - dem ZauberWerk.
Nachtrag aus Februar 2025: Wie man meinem Werdegang entnehmen kann, habe ich nach 2018 die Karriere von Christopher aus persönlichen Gründen nicht weiter verfolgt. Dennoch wollte ich diese Rezension nicht gänzlich löschen; allerdings wurde sie teilweise angepasst.
Vom Pappkarton in den ZauberSalon
Ziemlich viele Zuschauer gab es für den Zauberkünstler Mellow am 18.04.2017. Der junge Unnaer und seine „Wunder aus dem Pappkarton“ haben mich in den ZauberSalon Wuppertal gelockt. Dort spielte er seine Soloshow vor rund 160 Zuschauern im Kulturzentrum „die börse“. Und kam dort auch vor zaubererprobtem Publikum ausgesprochen gut an. Ob er dort Geschichten aus seiner Kindheit zu einem Zaubertrick verarbeitete, einem geheimnisumwobenen Tier Leben einhauchte oder dem Publikum die Besonderheiten seines Dachbodens präsentierte – in jedem Fall hatten die Zuschauer jede Menge zu staunen, zu lachen und zu träumen.
Der ZauberSalon in Wuppertal findet jeden 3. Dienstag im Monat statt, in diesem Monat bereits das 77ste Mal und ein Ende scheint nicht in Sicht! Das Konzept ist denkbar einfach: Ein Abend mit immer wechselnden Künstlern; die Zuschauer zahlen keinen Eintritt, sondern geben nach der Show das als Spende, was ihnen der Abend wert war. Für Magiebegeisterte eine wunderbare Möglichkeit, immer wieder abwechslungsreiche Zauberei zu erleben; für Zauberer, eine tolle Gelegenheit, sich auszuprobieren, neue Kunststücke und ihre Präsentationen zu testen und Erfahrungen zu sammeln. In jedem Fall ein unterstützenswertes Konzept, dass es in Deutschland genau so auch in Bad Oeynhausen gibt sowie in Hannover, dem ursprünglichen ZauberSalon.
Mehr Infos, alle Termine und Künstler findet ihr auf der Webseite des ZauberSalon Wuppertal.
Fotoquelle: Mellow
Weil ich dachte, ich wüsste, was ein kleines Theater ist…
…war ich ziemlich sprachlos, als ich am 18.03.2017 in das metropol Theater in Köln kam. Auch dort passen zwar gut 50 Personen ins Publikum; durch den gewölbeähnlichen Aufbau machte es aber einen deutlich kleineren Eindruck – was aber durchaus zur Gemütlichkeit der kleinen Location beitrug, in der sonst üblicherweise Märchenschauspiele stattfinden. Mit den Füßen quasi auf der Bühne, da es in dem absteigenden Saal keine richtige Bühne gab, nahm ich auf einem der roten Stühle Platz, die einen schönen Kontrast zum weiß und grau des Theaterraumes bildeten.
An diesem Abend nämlich gab es dort Zauberei zu sehen, und zwar vom Magier-Duo Golden Ace, bestehend aus Alexander Hunte und Martin Köster.
Allein das Auftreten der beiden erinnerte fast ein bisschen an das angestaubte Klischee des Zauberers in Frack und Zylinder – nur halt im Anzug, ohne Zylinder. Aber irgendwie elegant in jedem Fall, irgendwie aber auch etwas steif zuweilen gaben sich die aus Hannover stammenden Zauberkünstler. Ihre Nummern waren eher klassisch gewählt, altbekannte Kunststücke, aber meist mit einer eigenen Note. Hinter ihnen steckten nicht immer besondere Geschichten, und die Show unterlag keinem bestimmten Thema. Lediglich, dass Zauberei immer etwas mit Wahrnehmung und Ablenkung, mit Täuschung letzten Endes zu tun hat, darüber waren sich die Zuschauer im Nachhinein wohl mit den Künstlern sehr einig. Denn den beiden gelang es hervorragend, dem Publikum sehr nah, hautnah teilweise, den Eindruck zu vermitteln, ihre Sinne würden ihnen Streiche spielen, die der Verstand so nicht erklären könnte. Aber auch nicht wollte, mag man der Begeisterung und dem wohlwollenden Applaus glauben, dass das Publikum den Magiern bescherte.
Wenn auch ohne roten Faden und mit einer gewissen Monotonie in der Stimmlage, mit der dem gesamten Verlauf der Show ab und zu schwieriger zu folgen war, war es doch gerade für mich, die seit einigen Wochen Zauberei nur so in sich aufsog, eine neue, verblüffende Erfahrung mit lauter Knöpfen und Messern und Vorhersagen und so vielen Dingen, die mich damals sprachlos gemacht haben; vorgetragen von einem durchaus sympathisch wirkenden Magierduo. Und der positiven Reaktion des Publikums nach zu urteilen, bin nicht ich allein mit diesem Gefühl nach Hause gegangen.
Wenn die kleine Kunst auch noch kürzer wird
Mellow war nicht nur der erste Kleinkunstzauberer, dessen Soloshow ich gesehen habe. Kurz nach den ersten Malen „Wunder aus dem Pappkarton“ war ich am 17.03.17 auch zu Gast bei einem Kurzauftritt des jungen Magiers. Bei der „Dinner Attacke“ im Cabaret Queue in Dortmund zeigte Mellow nicht nur die magische Kraft einer Steinschleuder und ein Kunststück über seine Anfänge in der Zauberei; beides Nummern, die ich bereits aus seiner Soloshow kannte. Auch für mich neue Dinge, die man von ihm wirklich nur bei Kurzauftritten sieht, waren dabei. Wie etwa diese für den sonst durchaus träumerischen Mellow doch sehr erschreckende Geschichte mit der Bärenfalle…
Der wesentliche Unterschied zwischen einer Soloshow und einem Kurz-Auftritt ist natürlich die Zeit. Damit verbunden aber auch der Aufwand und die Herausforderung, in wesentlich kürzerer Zeit eine Beziehung zum Publikum aufzubauen. Diese ist wichtig, damit sich die Zuschauer im Nachhinein erinnern; gerade für einen Zauberkünstler aber auch schon während der Show. Das Publikum sollte sich wohl fühlen und aufmerksam dabei sein, denn oftmals wird der ein oder andere gebeten, auf die Bühne zu kommen und mitzumachen. Je nachdem, wie das Publikum gestrickt ist, kann das mehr oder weniger herausfordernd sein. So wie bei der „Dinner Attacke“ üblich ist es auch bei den meisten anderen Kurzauftritten: Die Leute wissen vorher nicht, wer kommt. Sie wissen, es ist ein Künstler da, oftmals nicht einmal, ob Zauberer oder Comedian oder was es sonst noch gibt. Sie erfahren es quasi erst bei der Anmoderation, wenn es denn eine gibt, und müssen dann mit der überraschenden Situation umgehen. Und das Publikum an genau dieser „unsicheren“ Stelle abzuholen, das ist denke ich eine große Herausforderung, die Künstlern mal besser und mal schlechter zu bestehen gelingt.
Aus meiner Sicht gelang Mellow das an diesem Abend sehr gut. Die Zuschauer, die dort versammelt waren, waren ein bunter Mix aus jüngeren Grüppchen und älteren Herrschaften, die aber allesamt Spaß an seinem Auftritt zu haben schienen und ihm dies auch mit viel Applaus zeigten. Der Unnaer Zauberkünstler hat eine sehr sympathische, einnehmende Art an sich. Er benötigt keine großen Gesten oder Worte oder Mystik um die Menschen auf sich aufmerksam zu machen. Man hört ihm und seinen Geschichten gerne zu; ich vermute, weil es ist, als würde man sich zufällig begegnen und dort seine Erzählungen hören. Diese Art, könnte ich mir vorstellen, macht es Mellow auch bei anderen Kurzauftritten, in Mixshows oder auch bei Firmenevents, einfacher, einen zauberhaften Draht zu seinem Publikum aufzubauen. Ich jedenfalls freue mich auf die nächsten kürzeren Auftritte, in denen ich vielleicht auch das ein oder andere Mal etwas Neues entdecken werde.
Der erste Zaubertrick und die Magic Academy Witten
Am 04. Februar 2017 habe ich zum ersten Mal selbst die Karten in die Hand genommen. Also im übertragenen Sinne. Genau genommen waren es Münzen und Schwammbälle. Seit ich mich mit der Zauberei beschäftige, habe auch selbst Gefallen daran gefunden, den ein oder anderen kleinen Trick auszuprobieren. So besuchte ich meinen ersten Zauberworkshop in der Magic Academy in Witten.
Diese Zauberschule wird von Schulleiterin und „Oberhexe“ Susanne Malik in den Räumen einer ehemaligen Kneipe in Witten betrieben. Es begann als ZauberAG der nahe gelegenen Rudolf-Steiner-Schule, und wurde im Laufe der Zeit ausgebaut zu einem eigenen kleinen „Hogwarts“ im südöstlichen Ruhrgebiet. Dort finden wöchentlich, gestaffelt nach Alter und Erfahrung, Unterrichtsstunden statt, die in der Regel von Susanne geleitet werden. Und dazu gibt es eben regelmäßig samstags Workshops, mal über ein bestimmtes Thema, mal themenübergreifend. In Gruppen von 3 bis zu 12 Schülern erlernen die Teilnehmer, zumeist Kinder, aber auch mal Erwachsene, grundlegende Griffe und Routinen, bekommen Tipps zur Präsentation und können Hilfe bekommen beim Erarbeiten ihrer eigenen Auftritte. Dass sich die Gruppe aus blutigen Anfängern, wie ich einer bin, und schon erfahrenen Schülern, die bereits erste Auftritte absolviert haben und so durchaus auch gute Ratschläge geben können. Material wird dabei von der Academy zur Verfügung gestellt; es steht aber jedem frei, auch seine eigenen Requisiten mitzubringen.
Am Ende eines Workshops hat jeder die Möglichkeit, sich einmal auf die kleine Bühne der Zauberschule zu begeben, um den anderen Workshopteilnehmern das Gelernte vorzuführen und sich weitere Tipps abzuholen.
Auf besagter Bühne findet zudem einmal monatlich der „Trickreich“-Zauberabend statt, bei dem auch immer wieder die Schüler der Magic Academy eine Auftrittsmöglichkeit vor kleinem Publikum finden.
Die Magic Academy bietet Kindern, Jugendlichen und sogar Erwachsenen aus der Umgebung eine wunderbare Möglichkeit, der Zauberei abseits vom Internet und dem Stöbern in Büchern näher zu kommen, sich auszuprobieren und hoffentlich das gleiche Gefallen zu finden, das die Schüler der Zauberschule bereits für sich entdeckt haben.
Mehr Infos findet ihr auf der Webseite der Magic Academy.
Foto: Magic Academy Witten
Dieses erste mal Zauberei im Mini-Rahmen...
Am 20.01.2027 war ich das allererste Mal in einem Kleinkunsttheater, und dann auch noch in einer Zaubershow. Darauf aufmerksam geworden war ich durch einen Post des Ehrlich Brothers Fanclubs, der einen Beitrag dieses Künstlers geteilt hat. Es geht dabei um den Zauberkünstler Mellow. Damals war er noch auf Tour mit seiner ersten Soloshow "Wunder aus dem Pappkarton", an diesem Abend im Kleinen Theater Herne. Und was soll ich sagen? Ich habe gelacht, geträumt, gestaunt. Habe (erfolglos) gegen Lachanfälle, Gänsehaut und Tränen in den Augen gekämpft. Habe meinen Fingerring mit "Wissenschaft" durch den Raum geschossen und durch Phantasie wieder bekommen. Habe das Herzklopfen, dass ich aus kurzen Momenten aus den größeren Shows kannte, ungefähr den ganzen Abend ertragen, weil alles so unglaublich nah war, und das zu jeder Minute. Ich habe mich verliebt <3 Also nicht in den Zauberer. Sondern in die Kleinkunst an sich, die hautnahe Zauberei, diese winzige Bühne und dieses kleine Foyer und darin, jedes Räuspern und Staunen und jeden Kommentar im Publikum hören zu können.
Nachtrag:
Ihr merkt, wenn man mich heute danach fragen würde oder gar an diesem Abend gefragt hätte, was mich am meisten begeistert hat, hätte ich mich in genau so einer wirren Beschreibung eines Momentes verloren, der für mich, besonders im Nachhinein gesehen, mehr bedeutet hat als kaum ein anderer Moment zuvor. Ich habe ähnliche Momente seitdem erfreulich oft erlebt, Momente, die mich gerührt und verzaubert und begeistert haben. Aber es kommt keiner an diesen heran, in dem Mellow sich zu mir auf meinen Stuhl auf der Bühne herunterbeugt und auf das Klappern im Kästchen in meiner Hand sagt "Das ist auch gut für mich!"
Im Nachhinein gesehen: Ein Abend voller erster Male, an dem es erst richtig angefangen hat: Das erste Mal Kleinkunstbühne, das erste Mal Kleinkunstmagier, das erste Mal Foto mit einem Kleinkünstler (das völlig verwackelt ist, weil so nervös war :D). Wenn mir damals jemand gesagt hätte, ich würde bald einen Blog führen, um eine Ordnung in diese unzähligen Showerlebnisse zu bringen, und würde keine zwei Jahre später meinen Job aufgeben, um selbst in der Kleinkunstbranche zu arbeiten, hätte ich nur herzlich gelacht, aber vermutlich sofort wieder angefangen zu träumen...